Trichterbrust-Therapie (OP)

Die Krankenkassen übernehmen die Behandlung einer Trichterbrust nur aus medizinischen, nicht aber aus kosmetischen Gründen. Eine Trichterbrust ist indessen keine krumme Nase oder ein kleiner Busen, die keine körperlichen Beschwerden verursachen. Da ein verformter Thorax nämlich generell mit Haltungsfehlern einhergeht und den Betroffenen so in seiner Bewegungsfreiheit einschränkt, ist ein medizinischer Grund für eine Therapie fast immer gegeben.

Auch Betroffene, die ihre Trichterbrust behandeln lassen, weil sie vor allem psychisch unter der Deformation leiden, können also „handfeste“ Gründe für eine Behandlung vorweisen.

Die Saugglocke

Eckart Klobe aus Mannheim entwickelte eine Vakuumtherapie mit einer Saugglocke. Diese Glocke setzt der Arzt außen auf den Thorax; sie bildet ein Vakuum, und dieses Vakuum soll das Brustbein heben.

Die Glocke gibt es in drei Größen, außerdem jeweils ein Modell für Erwachsene wie für Jugendliche. Welche Glocke zum Einsatz kommt, hängt ab vom Alter des Betroffenen und der Größe der Brustkorbwand. Der Arzt zeigt dem Patienten lediglich, wie dieser die Glocke ansetzt, danach führt der Betroffene die Behandlung selbst durch. Kinder unter zehn Jahren stehen dabei unter Aufsicht ihrer Erziehungspersonen.

Anfangs dauert die Behandlung zwei mal 20 Minuten pro Tag, danach entscheidet der Patient selbst, wie lange er die Saugglocke ansetzt.

Die Nebenwirkungen sind nicht schwer, bisweilen kommt es zu Blutungen und Blutergüssen, und manchmal auch zu Rückenschmerzen, selten werden die Empfindungen in den Armen gestört. Rötungen der Haut, Schmerzen am Rand der Saugglocke und lokale Schwellungen traten ebenfalls auf, dazu Juckreiz. Doch solche Folgen erwiesen sich als vorübergehend, und der Patient kann sie zum Großteil selbst in den Griff kriegen, wenn er seine Behandlung anpasst.

Die Saugglocke bietet zwar eine Alternative zu Operationen, allerdings nur in leichten Fällen einer symmetrischen Trichterbrust. Von Nachteil sind die lang dauernden täglichen Übungen, bei denen sich der Erfolg nur langsam einstellt und zudem unklar ist, ob und wie häufig Rückfälle eintreten.

Die offene Operation

Die klassische Operation öffnet den Brustkorb mit einem mehrere Zentimeter langen Schnitt – bei Männern verläuft dieser von rechts nach links, bei Frauen von oben nach unten. Dann trennt der Chirug die verformten Rippen vom Brustbein und entfernt ihre Knorpelteile. Er sägt das Brustbein an, hebt es bis zur gewollten Position, dann fixiert er es mit Metallbügeln. Am Ende schließt er den Brustkorb.

Hans Peter Hümer verfeinerte diese Methode: Er unterließ es, die Rippen abzutrennen, sondern kerbte sie nur an. Für den Patienten bedeutet dieses Verfahren eine weit schwächere Traumatisierung und einen kürzeren Aufenthalt im Krankenhaus nach der OP.

Langzeitstudien zeigten den Erfolg dieser Methode. Sie ist bei symmetrischen wie asymmetrischen Trichterbrüsten möglich.

Der Nachteil bei der offenen Operation sind vor allem die sichtbaren Narben des langen Schnittes, die auf dem Brustkorb bleiben. Viele Patienten lassen sich auch operieren, um endlich eine schöne Brust zu haben, und ihnen bleibt nach der offenen Operation ein gewisser ästhetischer Makel. Bei einem asymmetrisch verwachsenen Brustkorb bleibt ihnen indessen keine Alternative.

Die Minimalinvasive Technik

Wesentlich schmerzfreier und psychisch weniger belastend als offene Operationen sind minimalinvasive Techniken. Dr. Donald Nuss aus Virginia entwickelte die „Nuss-OP“ 1987. Der Arzt setzt dabei lediglich zwei kleine Schnitte unter den Achseln an und schiebt dann einen Metallbügel unter das Sternum. Dieser Bügel ist individuell angepasst. Er drückt das Brustbein und die Rippen nach außen; danach fixiert der Arzt das Metall seitlich. Bisweilen sind auch zwei oder drei Bügel nötig.

Mit speziellen Instrumenten untertunnelt der Chirug den Trichter, eine Kamera im Körper filmt die Operation, um Verletzungen des Brustfells zu vermeiden. Ein extra angefertigtes Instrument hebt den Trichter, buchtet die Rippenknorpel aus und wird auf der gegenüber liegenden Seite des Brustkorbs wieder hinaus genommen.

Der Bügel bleibt unsichtbar im Körper. Bis das Brustbein und die Rippen sich in normaler Lage verwachsen, dauert es zwei bis drei Jahre, und dann entfernt der Arzt das Metall.

Rokitansky entwickelte diese Methode weiter, er brachte Kerben in das Brustbein ein und Schlitze in die Rippenknorpel, außerdem benutzte er einen Metallbügel aus „einem Guss“, der keinen Metallabrieb hinterlässt.

Die minimal-invasive Operation bietet große Vorteile:
- Die Operationszeit verkürzt sich erheblich.
- Der Patient kann das Krankenhaus nach wenigen Tagen verlassen.
- Das ästhetische Ergebnis ist sehr gut; die Narben sind kaum sichtbar.
- das Implantat nimmt wenig Platz im Körper ein.
- es gibt kaum Rückfälle.

Der Nachteil ist, dass diese schonende Methode lediglich bei symmetrischen Trichterbrüsten funktioniert.

Die Fachärzte begutachten die Deformierung des Brustkorbs und entscheiden, ob eine offene Operation nötig oder ein minimalinvasiver Eingriff möglich ist. In manchen Fällen ist auch eine Kombination aus offener Operation und minimalinvasiver Technik die erste Wahl, zum Beispiel, wenn eine Trichterbrust annähernd symmetrisch ist, aber Rippen sich so verformt haben, dass sie durch eine offene OP korrigiert werden müssen.

Perfekt ist eine minimalinvasive Operation zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr. Dann wachsen die Knochen noch und der Arzt entfernt das Implantat genau zu dem Zeitpunkt, an dem sich ein gesunder Brustkorb gebildet hat. Aber auch Erwachsene werden erfolgreich mit dieser Methode behandelt.

In den Tagen nach der OP erhalten die Patienten eine umfassende Schmerztherapie, ab dem dritten Tag können sie in der Regel bereits gängige Schmerztabletten nehmen. Der Patient kann bereits am ersten Tag aufstehen, auf Toilette gehen und umherlaufen.

Nach circa einer Woche verlässt er das Krankenhaus. Dann ist für mehrere Wochen Atemgymnastik angesagt und ein leichtes Training, um sich an eine natürliche Haltung des Körpers zu gewöhnen. Erst nach drei Monaten sollte er Sport ohne Einschränkung betreiben.

Zwei mal pro Jahr überprüft der Arzt die Lage des Metallbügels mit Röntgenbildern. Ohne Komplikationen entfernt der Chirug den Metallbügel nach mehreren Jahren in einer einfachen Operation mit Kurznarkose.

Risiken und Nachsorge

Jede Operation birgt Risiken - die sind bei der minimalinvasiven Technik zwar gering, sollten aber unbedingt beachtet werden. Der mechanische Eingriff kann die Wundheilung stören, und die Wunden können sich infizieren. Äußerst selten treten schwere Infektionen auf.

Metallallergien machen es nötig, den Bügel vorzeitig zu entfernen und durch ein Metall zu ersetzen, auf das der Patient nicht allergisch reagiert. Wenn möglich, sollte der Arzt solche Allergien zuvor prüfen, und alternative Materialien testen. So lässt sich zum Beispiel statt Nickel Titan verwenden.

Narkoseärzte können während der OP einen Periduralkatheter legen, mit dem sie die Nerven des Thorax steuern können. So reduziert sich der Schmerz, wenn die Wirkung der Narkose nachlässt.

Nachsorge

Der Betroffene sollte in den ersten drei Monaten nach der OP vermeiden, den Oberkörper stark zu drehen. Soweit möglich sollte er auf dem Rücken schlafen.

Wenn der Patient in den Monaten nach der OP körperlich arbeiten, oder seinen Körper anderweitig belasten will, sollte er zuvor prüfen, wie stabil sein korrigierter Thorax inzwischen geworden ist. Wandern ist die beste Option für die ersten Wochen nach der Korrektur, allerdings ohne Rucksack.

Bei allen Sportarten, die Beugen und Drehen des Brustkorbs bedingen, sollte der Patient hingegen warten. Das gilt zum Beispiel für Fahrradfahren, insbesondere auf Rennrädern, für alle Ballsportarten, vor allem für Basket- und Volleyball, auf Bäume klettern und Bergsteigen.

Kraftsport sollte der Betroffene nur mit den speziellen Übungen für die Brust-, Rücken- und Arm-Rücken-Schultermuskeln ausüben.

Nach circa 10 Wochen umgibt festes Bindegewebe den Metallbügel, und der Patient kann sich jetzt weitgehend frei körperlich entfalten. Er sollte den Arzt aufsuchen, wenn folgende Symptome auftreten:

- Schmerzen im Brustkorb
- Probleme beim Atmen
- Fieber
- Husten mit Auswurf
- Rötung der Wunde
- Schwellungen im OP-Bereich
- Hautausschlag auf der Brust
- das Gefühl, dass sich der Bügel verschiebt.

Generell gilt: Eine nicht operierte Trichterbrust verursacht in der Regel langes psychisches Leid. Dieses Leid lässt sich durch einen relativ einfachen Eingriff beheben, der meist ohne Nachfolgen bleibt. Die gewonnene Lebensqualität stellt die kurzfristigen Einschränkungen durch die OP weit in den Schatten – insbesondere bei der minimalinvasiven Methode.

StartseiteKontaktImpressumDr. med. Andreas Schilling